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Stockwerkeigentum: Augen auf beim Kauf!

Für die meisten Leute ist der Kauf von Stockwerkeigentum bzw. einer Eigentumswohnung wohl eine Entscheidung von grösserer Tragweite im Leben. Trotzdem lässt man sich manchmal allein von der schönen Lage an einem Sonnenhang blenden. Oder es ist allein der stilvolle Innenausbau, der den Ausschlag gibt. Mit unseren «Dos and Don'ts» liefern wir Ihnen Tipps aus der Praxis.

 

Jürg Zulliger

Der Kauf von Stockwerkeigentum ist höchst populär. Wenn Privatpersonen heute eine Wohnung in einem Neubau kaufen, leisten sie meist schon lange vor Baubeginn erste Anzahlungen. Zudem unterzeichnen sie im Vorfeld einen verbindlichen Kaufvertrag. Welche Risiken damit verbunden sind, zeigt exemplarisch der Fall von Hannes Sommer (Namen geändert): Nach 12 Monaten intensiver Wohnungssuche hatte er endlich seine Traumwohnung gefunden. Gross und hell, eine hübsche Umgebung und vor allem nahe der S-Bahn-Station, von wo aus er pendelt. Der Verkäufer der geplanten Überbauung warb mit dem Slogan «beste Qualität zu fairen Preisen». So war man sich bald handelseinig.

 

Die Falle im Juristendeutsch

Einen brisanten Punkt im Vertrag hatte Hannes Sommer allerdings übersehen: Im «klein Gedruckten» unter «Mängelrechte und Garantien» heisst es, dass der Verkäufer bzw. Generalunternehmer sämtliche Garantieansprüche «an die Käufer bzw. an die Stockwerkeigentümergemeinschaft abtritt». Für Nicht-Juristen tönt das völlig unbedenklich, ja sogar positiv. Immerhin erhalten sie ja gewisse Rechte und Garantieansprüche.

Tatsache ist aber: Juristisch interpretiert, heisst eine solche Klausel nichts anderes, als dass der Generalunternehmer selbst für Mängel am Bau nicht geradestehen will. Wenn nun irgendetwas am Bau mangelhaft ist – was sich kaum je vermeiden lässt – müssen sich die Käufer selbst mit dem Problem herumschlagen: Sie müssen herausfinden, wer die Verantwortung trägt und wer den Mangel in Ordnung zu bringen hat. In diesem Spiel um Zuständigkeiten haben aber private Käufer von Stockwerkeigentum meist schlechte Karten. Ohne sauberen Vertrag mit klarer Verantwortung des Unternehmers können sie oft wenig ausrichten.

 

Der Vertrag

Eine gute Portion Blauäugigkeit wie im Fall von Hannes Sommer ist keineswegs selten. Neun von zehn Käufern würden den Vertrag mehr oder weniger unbesehen unterschreiben, warnt Dominik Romang. Er ist Rechtsanwalt in Zürich und Präsident des Schweizer Stockwerkeigentümerverbandes. In der Praxis kommt es vor, dass der folgenreiche Entscheid für eine Wohnung unter Zeitdruck gefällt werden muss. Manche Verkäufer schieben das Argument vor, sie hätten noch viele andere Interessenten. «Solchen Zeitdruck sollte man nicht akzeptieren», so Dominik Romang. Einem Interessenten sind mindestens 10 bis 14 Tage einzuräumen. So viel braucht es, um alle Pläne und Vertragsdetails zu studieren. Wenn er auch noch die Referenzen der Baufirma überprüft, dauert es vielleicht noch länger.

Natürlich muss nicht immer alles die schlimmstmögliche Wendung nehmen. Doch mehrere Hunderttausend Franken für eine Wohnung zu investieren, ohne sich richtig ins Bild zu setzen, ist schlicht blauäugig. Dominik Romang empfiehlt, sich vor einem Kauf die relevanten Dokumente und Verträge sehr gründlich anzusehen und sich unabhängig beraten zu lassen.

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Die Lage

«Lage, Lage, Lage.» Dies ist das Mantra wohl von fast allen Immobilienexperten. Die Lage bestimmt nicht nur die längerfristige Werthaltigkeit und Solidität einer Investition, sie erweist sich auch im Alltag als entscheidender Faktor: Kein Mensch will angesichts überlasteter Verkehrswege stundenlange Pendlerzeiten in Kauf nehmen. Ob auf dem Weg zur Arbeit, zum Einkaufen oder um Freunde zu besuchen, spielt dabei keine Rolle. Achten Sie deshalb auf eine gute Verkehrserschliessung (S-Bahn-Anschluss, öV, privater Verkehr etc.) und auf eine gute Nahversorgung (Läden, Kultur, Freizeit). Genauso zählen kurze Distanzen zu Schulen und Arbeitsplatzangeboten. Überhaupt hat die Lage einen essenziellen Einfluss auf die Wohnzufriedenheit. Diese wiederum hängt mit der Wohnlichkeit des Quartiers und des Umfelds zusammen. Auch Aussicht, Sonne, Ruhe und Immissionen sind massgebliche Lagefaktoren. Denken Sie daran: Stockwerkeigentum ist meist eine Investition auf Dauer!

 

Indirekt amortisieren

Die Banken machen ihre Kunden gerne darauf aufmerksam, dass sie Hypotheken auch indirekt amortisieren können. Die ist vor allem steuerlich interessant: Mit dieser Variante leistet der Kunde die Amortisationen ganz einfach auf ein Konto der 3. Säule (das Geld ist dann bei der Bank als Sicherheit verpfändet). So bleiben die steuerlich interessanten Schuldzinsabzüge gleich. Die Einzahlungen in die private Vorsorge (Säule 3) sind erst noch steuer-privilegiert. Das Geld wird später für die Amortisation eingesetzt.

 

Das Stockwerkeigentum

Das Stockwerkeigentum ist grundsätzlich anders organisiert als das Zusammenleben in einem Miethaus. Beim Stockwerkeigentum sind die Bewohner gleichzeitig die Eigentümer. Als Stockwerkeigentümer sind Sie Miteigentümer des ganzen Hauses, und Sie haben ein so genanntes Sonderrecht an der eigenen Wohnung. Ausserhalb der Wohnung hat aber vor allem die Gemeinschaft das Sagen. Hier liegt ein häufiger Irrtum: So sprechen viele Leute von «ihrem» Garten oder «ihrem» Parkplatz, de facto haben sie an diesen Bereichen aber nur ein ausschliessliches Benützungsrecht, wie es korrekt heisst. Empfehlung: Befassen Sie sich genauer mit den Spielregeln des Stockwerkeigentums. Lesen Sie die relevanten Dokumente wie Begründungsurkunde, Reglement, Hausordnung etc. sorgfältig durch.

 

Die Bauqualität

In den Prospekten, bei der Besichtigung einer Musterwohnung oder heute immer mehr mithilfe digitaler Visualisierungen sehen fast alle Wohnungen super aus! Doch was ist dem Käufer von Stockwerkeigentum wirklich versprochen, wenn er Monate später zum ersten Mal seine eigene Wohnung betritt? Schon rein formell ist daran zu erinnern, dass Werbeunterlagen unverbindlich sind. Entscheidend ist letztlich der Vertrag und Baubeschrieb, die als offizielle Dokumente bei der Beurkundung unterzeichnet werden. Vergewissern Sie sich, ob alle Unterlagen, Zusicherungen, Pläne und der Baubeschrieb vollständig und detailliert sind. Wenn Ihnen zum Beispiel im Vertrag bloss vage «Parkett in den Kinderzimmern» oder «Küchenapparate in Schweizer Qualität» versprochen werden, kann man Sie damit ganz schön hängen lassen. Solche Formulierungen sind dermassen vage, dass sie jeder ganz anders auslegt. Besser wäre es, wenn das bestellte Parkett sehr präzis umschrieben ist, inklusive eine Preisangabe pro Quadratmeter Parkett.

 

Die grosse Unbekannte: Nebenkosten

In der Praxis tauchen viele Fragen erst später auf. Wer denkt schon im Ernst beim ersten Studium der Verkaufsunterlagen an die späteren Nebenkosten? Trotzdem tun Sie gut daran, sich vorneweg solche Fragen zu stellen. Im Stockwerkeigentum hängen die Betriebs- und Nebenkosten relativ eng mit der Wertquote zusammen: Die laufenden Kosten für Heizung, Serviceabonnemente, Lift, Löhne und Sozialleistunen für Hauswart, Verwalter oder Gärtner werden meist nach einem gewissen Kostenschlüssel verteilt. Dieser wiederum hängt vom Wertanteil der einzelnen Wohnungen am Gebäude ab (Wertquote). In beträchtlichem Umfang schenken meist die Heizkosten ein, die sind aber schwer planbar. Im Einzelnen fallen die Kosten je nach individuellem Verbrauch, je nach Wohnungsgrösse und Art und Weise der Wärmerzeugung höchst unterschiedlich aus.

Damit Sie nicht in die Kostenfalle tappen, sind vor allem bestehende und ältere Gebäude genauer unter die Lupe zu nehmen. Kaufen Sie sich in eine bestehende Stockwerkeigentümergemeinschaft in einem Altbau ein, sollten Sie den baulichen Zustand genauer abklären: Werden in den nächsten Jahren grössere Renovationen und Unterhaltsarbeiten auf Sie zukommen? Fragen Sie, ob im Rahmen eines Erneuerungsfonds Reserven gebildet wurden oder nicht.

 

Die Don'ts

Überlegen Sie sich, ob Ihnen die gemeinschaftlichen Aspekte einer solchen Wohnform zusagen. Wenn Sie eine Eigentumswohnung kaufen, werden Sie – ob Sie wollen oder nicht – zugleich Mitglied der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Überlegen Sie sich also, ob Sie sich gerne mit anderen Menschen auseinandersetzen, oder ob Sie allenfalls grösstmögliche Individualität mehr gewichten.

Vom Wohnungsbesitz abgesehen, sollten Sie daher immer auch die künftigen Nachbarn bzw. die Stockwerkeigentümergemeinschaft auf Herz und Nieren prüfen. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft funktioniert teils ähnlich wie ein Verein. Alle Miteigentümer im Haus können an den Jahresversammlungen teilnehmen, Anträge stellen, bei den Finanzen mitreden, natürlich ihr Stimmrecht bei Abstimmungen wahrnehmen etc. Wenn Sie Mühe haben, sich auch einmal dem Mehrheitswillen von anderen zu beugen, sollten Sie sich für eine andere Wohnform entscheiden.

Machen Sie sich ein Bild davon, wie die Stockwerkeigentümergemeinschaft organisiert ist welche Kultur und welche Umgangsformen auf Sie zukommen könnten. Eine grössere Überbauung mit 100 anderen Stockwerkeigentümern und einer professionellen Verwaltung ist wohl etwas ganz anderes als eine kleine Gemeinschaft – in kleineren Mehrfamilienhäusern ist es möglich, dass vielleicht Nachbar Müller oder Schmid gleich mehrere Wohnungen besitzt, an seinen Feierabenden auch noch die Verwaltung selbst macht etc.

 

Fazit

Seine Lektion hat inzwischen auch der eingangs erwähnte Stockwerkeigentümer Hannes Sommer gelernt. Heute sagt er: «Viele potentielle Problemfelder sind für Laien ohne Erfahrung nicht erkennbar.» – Holen Sie sich daher wenn nötig Hilfe. Lassen Sie zum Beispiel den Baubeschrieb von einem Experten und den Vertrag von einem Juristen prüfen. Hören Sie sich auch im Bekannten- und Freundeskreis um – schliesslich hat die Zahl der Stockwerkeigentümer in der Schweiz in den letzten Jahren stark zugenommen.

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