Man's World Unternehmer Geschichten #2

Der talentierte Herr Müller

Echtes Handwerk auf höchstem Niveau findet sich nicht an jeder Straßenecke - es will entdeckt werden!

Man kann auf der Suche nach Herrenschneiderkunst in Hamburg den Neuen Wall entlanglaufen und von einem Luxus-Herrenausstatter zum nächsten wandeln, ohne auch nur einem echten Herrenschneider leibhaftig zu begegnen. Oder man begibt sich auf das Kampnagel-Gelände in Hamburg-Winterhude und irrt mehrmals über den Hof, ehe man, am Fuße einer metallenen Feuertreppe, ein unauffälliges Schild entdeckt: ‘Uwe Müller, Finest Craft Tailoring’.

Einmal die Feuertreppe erklommen, bietet sich einem ein Bild, das vom Glanz des Neuen Walls kaum entfernter sein könnte. Denn Uwe Müller arbeitet nicht in einem Showroom. Er arbeitet in einem Atelier. Und das hat praktisch, und nicht hübsch zu sein.Herr Müller selbst, und das soll keine Beleidigung sein, passt übrigens ganz hervorragend in diese Umgebung. Denn er ist Handwerker, und kein Verkäufer. Daher will sein Handwerk auch gefunden werden.

 

Was nicht heißen soll, dass Uwe Müller seine Arbeit nicht verkaufen könnte. Im Gegenteil: In zart sächselnder Tonalität erklärt er geduldig und auskunftsfreudig jedes Detail seiner Arbeit, und jene gibt es alleine an einem halbfertigen Sakko in Hülle und Fülle. So wie es eben bei echter Handarbeit ist, die sich nicht in ein paar zur Schau gestellten offenen Knopflöchern oder bunten Nähten erschöpft. Die üblichen Bücher voller Stoffmuster hält Herr Müller natürlich auch in petto (vor allem Tweed hat es ihm dabei angetan), allerdings darf an diese Stoffe, sobald Sie einmal ausgewählt wurden, nichts anderes als Nadel, Faden und des Meisters höchst eigene Hand. Hier wird nichts irgendwo anders in Auftrag gegeben. Hier schneidert der Meister selbst. Mit einem Anzug von Herrn Müller kauft man sich schließlich nicht seinen Namen, sondern seine Handwerkskunst. Deshalb kostet ein Werk aus Uwe Müllers Manufaktur - auch wenn man es kaum als Schnäppchen bezeichnen möchte - nur die Hälfte eines vergleichbaren Stücks von der Londoner Saville Row.

Derjenige, der sich auf die Suche nach Herrn Müller begibt, sollte neben Qualitätsfetischismus übrigens noch ein paar andere Eigenschaften vorweisen können. Zum einen Geduld, denn bis zum fertigen Anzug aus Herrn Müllers Hand werden vier Anproben notwendig. Und zum anderen Phantasie. Ohne Vorstellungskraft und einen klaren Geschmack könnte man sich nämlich schnell in Herrn Müllers Schneiderwelt verlieren. Denn hier werden ja keine Kleiderteile nach einem Baukastensystem zusammengesetzt, sondern jeder Anziug komplett neu erschaffen. Entsprechend vielfältig sind die Möglichkeiten, sich auszutoben. Entsprechend groß ist die Gefahr, den Überblick zu verlieren. Aber in jenem Fall stünde Herr Müller natürlich mit Rat und Tat zur Seite.

 

Sollte einem all das zu viel sein - zu viel Aufwand, zu viel Geld -, so könnte man es aber auch bei einem einfachen Sakko oder einem Hemd aus Müller’scher Fertigung bewenden lassen. Die Handwerkskunst ist in jenen Fällen dieselbe wie beim vollen Anzug-Programm. Nur eben im kleineren Maßstab. Ein Anzug von Uwe Müller ist kein Kompromiss. Dagegen sprechen die Qualität, das Handwerk, der Aufwand, der Variantenreichtum. Man muss ihn wirklich wollen, mit allem, was dazugehört. Und sobald man sich dessen sicher ist, braucht man nur noch das unauffällige Schild am Fuße der Feuertreppe in Winterhude finden. Die Suche lohnt sich.

 

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